Die Mandantenaufnahme einer Kanzlei ist die Königsdisziplin â denn sie vereint juristische Expertise, Strategie, Marketing, Vertrieb und ein gutes Mandantenerlebnis. Wer dies meistert, hat einiges zu gewinnen: Zeit, mehr lukrative Mandate und Entlastung des Personals. Nichtsdestotrotz beschĂ€ftigen sich viele Kanzleien nicht mit diesem Prozess und lassen groĂes Potenzial ungenutzt â das ist die Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben. Was die Mandantenaufnahme ist, wie Rechtsanwaltskanzleien von ihr profitieren und wie man zu einer optimalen Mandantenaufnahme kommt, besprechen wir im Folgenden.
Was bedeutet Mandantenaufnahme?
Mandantenaufnahme (oft auch Mandatsannahme, Mandanten-Onboarding oder Mandatierungsstrecke genannt) meint die Gesamtheit der Arbeitsschritte, die in der Kanzlei durchgefuÌhrt werden, wenn Sie eine Anfrage eines potenziellen Mandanten erreicht â vom ersten Kontakt bis zur juristischen TĂ€tigkeit.
Wenn die Kanzlei eine Anfrage erhĂ€lt, werden erfahrungsgemÀà stets dieselben Arbeitsschritte ausgefuÌhrt. Es passiert Folgendes:
âą Sie beantworten den Anruf oder die E-Mail des Anfragenden
âą Sie fragen die ersten wichtigen Infos ab (bspw. zu Fristen)
âą Sie fuÌhren eine InteressenskollisionspruÌfung durch
âą Sie vergeben einen Termin
âą Sie fordern erste Dokumente an
⹠Sie nehmen den Sachverhalt dediziert im ErstgesprÀch auf
âą Sie sammeln weitere Informationen und Dokumente ein
âą Sie fertigen eine Vollmacht an und lassen sie unterschreiben.
âą Sie legen eine Akte an
So oder so Ă€hnlich sieht die Mandantenaufnahme in nahezu allen Kanzleien aus. All diese Schritte zusammengefasst stellen den Prozess Ihrer âMandantenaufnahmeâ dar. Werden all diese Schritte hĂ€ndisch von AnwĂ€ltinnen und AnwĂ€lten oder Fachpersonal ausgefuÌhrt, kostet die Erledigung dieser Aufgaben jedes Mal aufs Neue Zeit und KapazitĂ€ten.
Was auf den ersten Blick als Problem erscheint, ist eigentlich eine echte Chance, denn durch die (Teil-)Automatisierung dieser Arbeitsschritte ergibt sich echtes Entwicklungspotenzial fuÌr Kanzleien.
Vorteile einer optimierten Mandantenaufnahme
Die Vorteile einer guten Mandantenaufnahme werden oft unterschĂ€tzt. Im Folgenden die drei relevantesten Vorteile fuÌr AnwĂ€ltinnen und AnwĂ€lte, auch wenn es neben ihnen noch einige weitere gibt.
1. Entlastung des Personals:
Haben Sie schon einmal ausgerechnet, wie viel Zeit Sie und Ihr Personal fuÌr diese immer wiederkehrenden Schritte der Mandantenaufnahme aufwenden? Zwischen dem ersten Kontakt und der vollstĂ€ndig fuÌr den Beginn der juristischen TĂ€tigkeit gefuÌllten Akte stehen mindestens zehn Tage und regelmĂ€Ăiger Aufwand. Ein weiterer Faktor ist, dass die vielen Arbeitsschritte der Mandantenaufnahme nicht an einem StuÌck abgearbeitet werden können, sondern immer wieder zwischendurch auftreten. Dadurch werden Sie und Ihre Mitarbeitenden regelmĂ€Ăig bei anderen, aktuellen Aufgaben unterbrochen. Nach solchen Unterbrechungen braucht ein Mensch im Schnitt ca. 23 Minuten, um wieder in das aktuelle Thema hineinzufinden â Sie verlieren also nicht nur jedes Mal 15 Minuten fuÌr die eigentliche TĂ€tigkeit, sondern im schlimmsten Fall noch einmal 23 Minuten, um wieder an dem Punkt anzusetzen, an dem Sie unterbrochen wurden. Eine strukturierte, automatisierte Mandantenaufnahme uÌbernimmt den GroĂteil dieser Arbeitsschritte ab dem ersten Kontakt und verringert den Aufwand enorm. So kann sich die gesamte Kanzlei auf wichtigere Aufgaben fokussieren â ohne stĂ€ndige Unterbrechungen. In Zeiten des FachkrĂ€ftemangels ein nicht zu unterschĂ€tzender Faktor und eine enorme Effizienzsteigerung.
2. Weniger erfolglose ErstgesprÀche
Kennen Sie das folgende Szenario? Jemand meldet sich mit einem konkreten rechtlichen Problem bei Ihnen, bspw. einer arbeitsrechtlichen KuÌndigung. Ihre Kanzlei nimmt die Anfrage auf, vereinbart einen Termin fuÌr ein ErstgesprĂ€ch und fordert die wichtigsten Informationen an. Im Laufe der nĂ€chsten Tage erhalten Sie die ersten Unterlagen des Mandanten (im schlechtesten Fall in Form von 21 Fotos in 21 einzelnen E-Mails). Diese werden geordnet und evtl. wird auch schon eine Akte angelegt. Es folgt das ErstgesprĂ€ch und im Verlauf des GesprĂ€chs wird relativ schnell klar, dass sich das mögliche Vorgehen nicht mit den Erwartungen des Anfragenden deckt. Es entsteht kein weiterfuÌhrendes Mandat. Nun können zwar Beratungskosten abgerechnet werden, die Zeit und KapazitĂ€ten hĂ€tten jedoch auch in weiterfuÌhrende, lukrativere Mandate gesteckt werden können. Genau hier setzt die strukturierte Mandantenaufnahme an: Mit dem richtigen Tool werden bei der Kontaktanfrage gleich im ersten Schritt automatisiert genau die Informationen abgefragt, die Sie benötigen, um zu entscheiden, ob es sich um ein potenziell lukratives und passendes Mandat handelt (âVorqualifizierungâ). In der Folge werden weniger âerfolgsloseâ ErstgesprĂ€che gefuÌhrt und die Zeit kann gezielter fuÌr lukrative Mandate eingesetzt werden.
3. Mehr lukrative Mandate
Wie viele lukrative Mandate AnwĂ€ltinnen und AnwĂ€lte gewinnt, hĂ€ngt zu einem groĂen Teil davon ab, wie viele Mandanten Kontakt zu ihnen aufnehmen. Dies hĂ€ngt wiederum maĂgeblich damit zusammen, wie einfach den Rechtsuchenden die Kontaktaufnahme gemacht wird. Da die Mandantenaufnahme beim allerersten Kontakt des Mandanten oder der Mandantin beginnt, wird hier bereits der Grundstein fuÌr den Erfolg und Misserfolg der Mandantengewinnung gelegt. Eine gute Mandantenaufnahme zeichnet sich durch niedrige HuÌrden bei der Kontaktaufnahme aus und verwandelt etwa einen gröĂeren Teil der Website-Besucher:innen in Anfragenstellende â in Verbindung mit der oben genannten Vorqualifizierung schlieĂlich auch in mehr lukrative Mandate.
Drei Schritte zur optimalen Mandantenaufnahme
Die BeschÀftigung mit und Optimierung der Mandantenaufnahme lohnt sich also. Aber wie erfolgt die konkrete Umsetzung in der Kanzlei? Dazu drei Schritte zur guten Mandantenaufnahme:
1. Relevante KanÀle bestimmen
Nachdem bereits die Wichtigkeit des Erstkontakts hervorgehoben wurde, sollten AnwĂ€ltinnen und AnwĂ€lte sich zunĂ€chst daruÌber klar werden, welche âStartplĂ€tzeâ fuÌr die Mandantenaufnahme sinnvoll sind. Ausgehend davon finden die weiteren Schritte statt. Dazu sollten Sie sich fragen: Ăber welche KanĂ€le finden mich Mandant:innen? Ăber welche KanĂ€le kontaktieren Mandant:innen mich im Anschluss? WĂ€hrend die Antwort auf die erste Frage in aller Regel âdas Internetâ ist, kann die Antwort auf letztere Frage variieren. Unserer Erfahrung nach ist das Telefon meist der stĂ€rkste Kontaktkanal, gefolgt von der E-Mail. An dieser Stelle ein Tipp: Ein durchdachter, niedrigschwelliger und proaktiver Kontaktpunkt auf der Website (wie etwa ein Chatbot, der spĂ€testens seit ChatGPT uÌberall bekannt ist), kann das Telefon als Kontaktpunkt uÌberholen und mehr Website-Besucher:innen in Mandant:innen verwandeln.
2. Konzeption der passenden Mandantenaufnahme und Auswahl des richtigen Tools
Sind die Startpunkte ausgemacht, geht es ans Eingemachte: Die Entwicklung der Mandatierungsstrecke. Ăberlegen Sie sich dazu zunĂ€chst, welche Arbeitsschritte der beteiligten Personen (Mandant:innen, Rechtsanwaltsfachangestellte, AnwĂ€ltinnen und AnwĂ€lte) im Laufe der Mandatierungsstrecke erforderlich sind und wann diese durchgefuÌhrt werden muÌssen. Dabei hilft es enorm, das Ganze zu visualisieren, etwa durch Aufzeichnen eines âZeitstrahls,â auf dem die unterschiedlichen Arbeitsschritte den Beteiligten zugeordnet werden. Im Anschluss sollte fuÌr jeden Arbeitsschritt uÌberlegt werden, was das konkrete Ziel dieses Schritts ist und wie die Erreichung dieses Ziels fuÌr die ausfuÌhrende Person möglicherweise zeiteffizienter und weniger aufwĂ€ndig gestaltet werden kann. Dabei lohnt es sich immer, die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen: Es gibt Aufgaben, die muss weiterhin ein Mensch uÌbernehmen â wie etwa das ErstgesprĂ€ch mit dem Mandanten. Andererseits gibt es Arbeitsschritte, die wunderbar automatisiert werden können â wie etwa das Einholen von Informationen, die Erinnerung von Mandant:innen oder die Aktenanlage. Mein Tipp: Es lohnt sich definitiv, sich mit den eigenen Prozessen auseinanderzusetzen â man muss jedoch nicht alles selbst machen. Es gibt mittlerweile erste Legal Tech-Anbieter wie JUPUS, die sich genau darauf fokussiert haben und eine sofort einsatzbereite, digitale und erprobte Mandatierungsstrecke zur VerfuÌgung stellen. Wichtig: Achten Sie bei der Auswahl auf die Datenschutz- und BerufsrechtskonformitĂ€t.
3. Starten und anpassen
Neue Prozesse werden zu Beginn niemals perfekt sein. Wer sich verbessern und mehr aus seiner Kanzlei rausholen möchte, muss jedoch den Mut zur VerĂ€nderung haben. Verbesserungen sind noch nie durch Stillstand entstanden. Es muÌssen auch nicht gleich von heute auf morgen die gesamten Kanzleiprozesse umgeworfen werden. Es lohnt sich schon, mit kleinen VerĂ€nderungen der Arbeitsschritte zu starten, die besonders viel Zeit kosten. Schnell wird sich herauskristallisieren, was funktioniert und was nicht und so wird die Arbeit in der Kanzlei immer effizienter. Ein weiterer Vorteil: Das GespuÌr fuÌr die BeduÌrfnisse der Mandantschaft steigt.
Fazit: Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur modernen, zukunftsfÀhigen Kanzlei
Die Mandantenaufnahme hat eine nicht zu unterschĂ€tzende Bedeutung fuÌr den Erfolg einer Kanzlei. Die BeschĂ€ftigung mit der eigenen Mandantenaufnahme lohnt sich, denn in wenigen Prozessen innerhalb einer Kanzlei verbirgt sich ein solches Optimierungspotenzial. Ein Umschwung vom hĂ€ndischen Abarbeiten neuer Anfragen zu einer digitalen, strukturierten Mandatsannahme fuÌhrt zu mehr Umsatz, mehr Zeit und Entlastung des Personals. Wer Mut zur VerĂ€nderung hat und dieses Thema in der eigenen Kanzlei angeht, wird belohnt.