In drei Schritten zur optimalen Mandantenaufnahme

Die Mandantenaufnahme einer Kanzlei ist die Königsdisziplin – denn sie vereint juristische Expertise, Strategie, Marketing, Vertrieb und ein gutes Mandantenerlebnis. Wer dies meistert, hat einiges zu gewinnen: Zeit, mehr lukrative Mandate und Entlastung des Personals. Nichtsdestotrotz beschäftigen sich viele Kanzleien nicht mit diesem Prozess und lassen großes Potenzial ungenutzt – das ist die Chance, sich von der Konkurrenz abzuheben. Was die Mandantenaufnahme ist, wie Rechtsanwaltskanzleien von ihr profitieren und wie man zu einer optimalen Mandantenaufnahme kommt, besprechen wir im Folgenden.

Was bedeutet Mandantenaufnahme?

Mandantenaufnahme (oft auch Mandatsannahme, Mandanten-Onboarding oder Mandatierungsstrecke genannt) meint die Gesamtheit der Arbeitsschritte, die in der Kanzlei durchgeführt werden, wenn Sie eine Anfrage eines potenziellen Mandanten erreicht – vom ersten Kontakt bis zur juristischen Tätigkeit.

Wenn die Kanzlei eine Anfrage erhält, werden erfahrungsgemäß stets dieselben Arbeitsschritte ausgeführt. Es passiert Folgendes:
• Sie beantworten den Anruf oder die E-Mail des Anfragenden
• Sie fragen die ersten wichtigen Infos ab (bspw. zu Fristen)
• Sie führen eine Interessenskollisionsprüfung durch
• Sie vergeben einen Termin
• Sie fordern erste Dokumente an
• Sie nehmen den Sachverhalt dediziert im Erstgespräch auf
• Sie sammeln weitere Informationen und Dokumente ein
• Sie fertigen eine Vollmacht an und lassen sie unterschreiben.
• Sie legen eine Akte an

So oder so ähnlich sieht die Mandantenaufnahme in nahezu allen Kanzleien aus. All diese Schritte zusammengefasst stellen den Prozess Ihrer „Mandantenaufnahme“ dar. Werden all diese Schritte händisch von Anwältinnen und Anwälten oder Fachpersonal ausgeführt, kostet die Erledigung dieser Aufgaben jedes Mal aufs Neue Zeit und Kapazitäten.

Was auf den ersten Blick als Problem erscheint, ist eigentlich eine echte Chance, denn durch die (Teil-)Automatisierung dieser Arbeitsschritte ergibt sich echtes Entwicklungspotenzial für Kanzleien.

Vorteile einer optimierten Mandantenaufnahme

Die Vorteile einer guten Mandantenaufnahme werden oft unterschätzt. Im Folgenden die drei relevantesten Vorteile für Anwältinnen und Anwälte, auch wenn es neben ihnen noch einige weitere gibt.

1. Entlastung des Personals:

Haben Sie schon einmal ausgerechnet, wie viel Zeit Sie und Ihr Personal für diese immer wiederkehrenden Schritte der Mandantenaufnahme aufwenden? Zwischen dem ersten Kontakt und der vollständig für den Beginn der juristischen Tätigkeit gefüllten Akte stehen mindestens zehn Tage und regelmäßiger Aufwand. Ein weiterer Faktor ist, dass die vielen Arbeitsschritte der Mandantenaufnahme nicht an einem Stück abgearbeitet werden können, sondern immer wieder zwischendurch auftreten. Dadurch werden Sie und Ihre Mitarbeitenden regelmäßig bei anderen, aktuellen Aufgaben unterbrochen. Nach solchen Unterbrechungen braucht ein Mensch im Schnitt ca. 23 Minuten, um wieder in das aktuelle Thema hineinzufinden – Sie verlieren also nicht nur jedes Mal 15 Minuten für die eigentliche Tätigkeit, sondern im schlimmsten Fall noch einmal 23 Minuten, um wieder an dem Punkt anzusetzen, an dem Sie unterbrochen wurden. Eine strukturierte, automatisierte Mandantenaufnahme übernimmt den Großteil dieser Arbeitsschritte ab dem ersten Kontakt und verringert den Aufwand enorm. So kann sich die gesamte Kanzlei auf wichtigere Aufgaben fokussieren – ohne ständige Unterbrechungen. In Zeiten des Fachkräftemangels ein nicht zu unterschätzender Faktor und eine enorme Effizienzsteigerung.

2. Weniger erfolglose Erstgespräche

Kennen Sie das folgende Szenario? Jemand meldet sich mit einem konkreten rechtlichen Problem bei Ihnen, bspw. einer arbeitsrechtlichen Kündigung. Ihre Kanzlei nimmt die Anfrage auf, vereinbart einen Termin für ein Erstgespräch und fordert die wichtigsten Informationen an. Im Laufe der nächsten Tage erhalten Sie die ersten Unterlagen des Mandanten (im schlechtesten Fall in Form von 21 Fotos in 21 einzelnen E-Mails). Diese werden geordnet und evtl. wird auch schon eine Akte angelegt. Es folgt das Erstgespräch und im Verlauf des Gesprächs wird relativ schnell klar, dass sich das mögliche Vorgehen nicht mit den Erwartungen des Anfragenden deckt. Es entsteht kein weiterführendes Mandat. Nun können zwar Beratungskosten abgerechnet werden, die Zeit und Kapazitäten hätten jedoch auch in weiterführende, lukrativere Mandate gesteckt werden können. Genau hier setzt die strukturierte Mandantenaufnahme an: Mit dem richtigen Tool werden bei der Kontaktanfrage gleich im ersten Schritt automatisiert genau die Informationen abgefragt, die Sie benötigen, um zu entscheiden, ob es sich um ein potenziell lukratives und passendes Mandat handelt („Vorqualifizierung“). In der Folge werden weniger „erfolgslose“ Erstgespräche geführt und die Zeit kann gezielter für lukrative Mandate eingesetzt werden.

3. Mehr lukrative Mandate

Wie viele lukrative Mandate Anwältinnen und Anwälte gewinnt, hängt zu einem großen Teil davon ab, wie viele Mandanten Kontakt zu ihnen aufnehmen. Dies hängt wiederum maßgeblich damit zusammen, wie einfach den Rechtsuchenden die Kontaktaufnahme gemacht wird. Da die Mandantenaufnahme beim allerersten Kontakt des Mandanten oder der Mandantin beginnt, wird hier bereits der Grundstein für den Erfolg und Misserfolg der Mandantengewinnung gelegt. Eine gute Mandantenaufnahme zeichnet sich durch niedrige Hürden bei der Kontaktaufnahme aus und verwandelt etwa einen größeren Teil der Website-Besucher:innen in Anfragenstellende – in Verbindung mit der oben genannten Vorqualifizierung schließlich auch in mehr lukrative Mandate.

Drei Schritte zur optimalen Mandantenaufnahme

Die Beschäftigung mit und Optimierung der Mandantenaufnahme lohnt sich also. Aber wie erfolgt die konkrete Umsetzung in der Kanzlei? Dazu drei Schritte zur guten Mandantenaufnahme:

1. Relevante Kanäle bestimmen

Nachdem bereits die Wichtigkeit des Erstkontakts hervorgehoben wurde, sollten Anwältinnen und Anwälte sich zunächst darüber klar werden, welche „Startplätze“ für die Mandantenaufnahme sinnvoll sind. Ausgehend davon finden die weiteren Schritte statt. Dazu sollten Sie sich fragen: Über welche Kanäle finden mich Mandant:innen? Über welche Kanäle kontaktieren Mandant:innen mich im Anschluss? Während die Antwort auf die erste Frage in aller Regel „das Internet“ ist, kann die Antwort auf letztere Frage variieren. Unserer Erfahrung nach ist das Telefon meist der stärkste Kontaktkanal, gefolgt von der E-Mail. An dieser Stelle ein Tipp: Ein durchdachter, niedrigschwelliger und proaktiver Kontaktpunkt auf der Website (wie etwa ein Chatbot, der spätestens seit ChatGPT überall bekannt ist), kann das Telefon als Kontaktpunkt überholen und mehr Website-Besucher:innen in Mandant:innen verwandeln.

2. Konzeption der passenden Mandantenaufnahme und Auswahl des richtigen Tools

Sind die Startpunkte ausgemacht, geht es ans Eingemachte: Die Entwicklung der Mandatierungsstrecke. Überlegen Sie sich dazu zunächst, welche Arbeitsschritte der beteiligten Personen (Mandant:innen, Rechtsanwaltsfachangestellte, Anwältinnen und Anwälte) im Laufe der Mandatierungsstrecke erforderlich sind und wann diese durchgeführt werden müssen. Dabei hilft es enorm, das Ganze zu visualisieren, etwa durch Aufzeichnen eines „Zeitstrahls,“ auf dem die unterschiedlichen Arbeitsschritte den Beteiligten zugeordnet werden. Im Anschluss sollte für jeden Arbeitsschritt überlegt werden, was das konkrete Ziel dieses Schritts ist und wie die Erreichung dieses Ziels für die ausführende Person möglicherweise zeiteffizienter und weniger aufwändig gestaltet werden kann. Dabei lohnt es sich immer, die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen: Es gibt Aufgaben, die muss weiterhin ein Mensch übernehmen – wie etwa das Erstgespräch mit dem Mandanten. Andererseits gibt es Arbeitsschritte, die wunderbar automatisiert werden können – wie etwa das Einholen von Informationen, die Erinnerung von Mandant:innen oder die Aktenanlage. Mein Tipp: Es lohnt sich definitiv, sich mit den eigenen Prozessen auseinanderzusetzen – man muss jedoch nicht alles selbst machen. Es gibt mittlerweile erste Legal Tech-Anbieter wie JUPUS, die sich genau darauf fokussiert haben und eine sofort einsatzbereite, digitale und erprobte Mandatierungsstrecke zur Verfügung stellen. Wichtig: Achten Sie bei der Auswahl auf die Datenschutz- und Berufsrechtskonformität.

3. Starten und anpassen

Neue Prozesse werden zu Beginn niemals perfekt sein. Wer sich verbessern und mehr aus seiner Kanzlei rausholen möchte, muss jedoch den Mut zur Veränderung haben. Verbesserungen sind noch nie durch Stillstand entstanden. Es müssen auch nicht gleich von heute auf morgen die gesamten Kanzleiprozesse umgeworfen werden. Es lohnt sich schon, mit kleinen Veränderungen der Arbeitsschritte zu starten, die besonders viel Zeit kosten. Schnell wird sich herauskristallisieren, was funktioniert und was nicht und so wird die Arbeit in der Kanzlei immer effizienter. Ein weiterer Vorteil: Das Gespür für die Bedürfnisse der Mandantschaft steigt.

Fazit: Ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur modernen, zukunftsfähigen Kanzlei

Die Mandantenaufnahme hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Erfolg einer Kanzlei. Die Beschäftigung mit der eigenen Mandantenaufnahme lohnt sich, denn in wenigen Prozessen innerhalb einer Kanzlei verbirgt sich ein solches Optimierungspotenzial. Ein Umschwung vom händischen Abarbeiten neuer Anfragen zu einer digitalen, strukturierten Mandatsannahme führt zu mehr Umsatz, mehr Zeit und Entlastung des Personals. Wer Mut zur Veränderung hat und dieses Thema in der eigenen Kanzlei angeht, wird belohnt.